Unterwegs mit der Braunschweiger Flugschule FlyCademy
Dominik Busch (24) und Marco Heitmann (31) haben eine Flugschule am Flughafen Braunschweig/Wolfsburg gegründet. Wir haben uns einmal umgeschaut.
Wir stellen die Gründer der Flycademy vor: Dominik Busch (24) und Marco Heitmann (31). Mit ihrer Zulu geht’s zum stürmischen Probeflug.
Es ist ziemlich windig, als sich das große Schiebetor des Hangars mit einem Surren öffnet. Jetzt ist Muskelkraft gefragt: Marco Heitmann (31) und Dominik Busch (24) schieben ihr Leichtflugzeug, eine Diamond DA40D D-EGZZ, in Startposition.
Die beiden jungen Männer haben eine Flugschule am Flughafen Braunschweig/Wolfsburg gegründet. Seit November kann man sich in ihrer FlyCademy zum Privatpiloten ausbilden lassen – und erhält damit die Lizenz, rund 1.200 Flugplätze in Europa anfliegen zu dürfen. Heute darf ich mit mit ihnen abheben, mir Braunschweig aus der Luft anschauen und mal selbst versuchen, die Maschine zu steuern – um zu berichten, wie sich das anfühlt. So zumindest ist es geplant.
Schnupperflug nennt sich das – und für viele ist es der Einstieg in die Fliegerei. Ich steige ins Cockpit. Neben mir nimmt Dominik Busch Platz. Mit seinen 24 Jahren hat er schon 600 Flugstunden Erfahrung. Er reicht mir das Headset. Dann gehen wir dieCheckliste durch, prüfen, ob die Instrumente alle funktionieren und die Maschine startklar ist. Das muss ganz gewissenhaft erledigt werden – bei einer Panne kann man schließlich nicht einfach mal schnell rechts ranfahren.
Busch erzählt, wie er zur Fliegerei kam: Vor sieben Jahren hatten seine Eltern ein Restaurant am Flughafen Bad Gandersheim übernommen. „Ich habe dort gejobbt und kam ins Gespräch mit den Piloten. Sie luden mich ein, mal mitzufliegen – und seitdem will ich nichts anderes mehr machen.“
Die Fliegerei, das sei für ihn ein Gefühl von Freiheit, sagt Busch. „Wenn man sich voll auf die Instrumente und das Flugzeug konzentrieren muss, hat man keine Zeit, sich über das, was auf der Erde gerade abgeht, Gedanken zu machen“, sagt er und schmeißt die Maschine an. Es geht los. Wir rollen zur Startbahn, der Propeller vor uns dreht sich immer schneller. Bis zu 120 Knoten schafft die Zulu, das sind rund 220 Stundenkilometer. Mein Bauch kribbelt – ein bisschen mulmig ist mir jetzt schon.
Parallel zum Abi hat Dominik Busch für die Privatpiloten-Ausbildung gelernt. Die 7.000 Euro dafür hat er sich selbst erarbeitet: „Um mir das leisten zu können, habe ich für andere Dinge weniger Geld ausgegeben, etwa für Klamotten und Partys.“ Inzwischen hat er auch die Ausbildung zum Berufspiloten und Fluglehrer in der Tasche.
Im Fluglehrer-Lehrgang hat er Marco Heitmann kennengelernt. Der ist Berufspilot, fliegt die ganz großen Dinger wie die Boeing 767. Als die Pandemie begann, lag die Luftfahrt nach kürzester Zeit am Boden – und Heitmann nutzte die freie Zeit, um sich weiterzubilden. Ihm wurde die Fliegerei quasi in die Wiege gelegt: Sein Vater fuhr Heißluftballon, und genau wie seine beiden Geschwister hat Heitmann früh mit dem Segelfliegen begonnen. Was ihn fasziniert, fasst er so zusammen: „Fliegen ist Physik – und trotzdem magisch“.
Rundflug über Lehndorf, Lamme, Timmerlah und das Eintracht-Stadion
Busch und Heitmann beschlossen, gemeinsam die FlyCademy zu gründen. Braunschweig sei der ideale Standort dafür, so Heitmann: Der Flughafen mit Kontrollzone sei auch für kleine Flugzeuge gut anfliegbar und liege zudem direkt an der A2: „Die Infrastruktur ist perfekt.“ Zudem werde mit ausgebildeten Fluglotsen gefunkt. „Für die Flugschüler ist das gut, damit sie später keine Scheu haben, kontrollierte Plätze wie Hamburg oder Hannover anzufliegen“, ergänzt Busch. Rund 20 Flugschüler haben sie bisher, darunter bislang noch keine einzige Frau.
Der Flieger ist inzwischen abgehoben. Wir können das Autobahnkreuz Braunschweig-Nord von oben sehen, blicken kurz darauf ins Stadion und fliegen dann parallel zur B1. Busch vermeidet es, direkt über die Ortschaften zu fliegen, um die Lärmbelastung gering zu halten. Wir fliegen vorbei an Lehndorf und Lamme. Es ruckelt ziemlich – draußen tobt kein Orkan, aber ein heftiger Wind, der an der kleinen Maschine zieht und zerrt.
„Heute ist kein Wetter für Anfänger“
Bei Timmerlah fliegen wir einen Bogen, steuern Richtung Broitzemer Fernmeldeturm. Die Wege, die man sonst mit Auto oder Fahrrad zurücklegt, sehen aus wie eine Modelleisenbahn-Landschaft.
Den Steuerknüppel übernehme ich dann doch nicht. „Heute ist kein Wetter für Anfänger“, bedauert Busch. Er hat alle Hände voll zu tun, um den Windböen gegenzusteuern. Das ist es wohl, was Heitmann zuvor mit „handwerklichem Fliegen“ gemeint hat, als er sagte: „Wenn ich in der Boeing sitze, hat das viel mit Automatisierung zu tun. Bei einem kleinen Flugzeug hingegen wirkt sich jede Handbewegung auf das Verhalten des Flugzeugs aus. Das macht den Reiz aus.“
Ich kann mich entspannen und weiter die Aussicht genießen – vom Südsee geht es zurück Richtung Waggum. Da ist schon die Landebahn. Dominik Busch bringt uns sicher runter, und ich kann mir einen kleinen Applaus nicht verkneifen. War schön da oben – aber auf dem Boden fühle ich mich doch sicherer.
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